Kieselerde, so verspricht die Werbung, soll Haut, Haare und Nägel schöner machen, indem deren Wachstum angeregt wird. Als Nahrungsergänzungsmittel sind Kieselerdekapseln und ähnliche Produkte im Handel frei erhältlich.
Ich gebe zu, dass ich die wundersame Wirkung der Kapseln schon selbst getestet habe. Damals waren meine Haare sehr dünn und meine Nägel brüchig. Im Drogeriemarkt entdeckte ich die vermeintliche Lösung für diese Probleme. Leider stellte sich der erwünschte Erfolg nicht ein: Auch nach mehreren Wochen veränderte sich nichts. Naja, fast nichts, denn mein Geldbeutel war in der Zwischenzeit etwas geschrumpft. Die Präparate sind nicht gerade billig. Warum das so ist, kann ich mir nur mit folgendem Effekt erklären: Ich stelle immer wieder fest, dass ich mir von teureren Produkten mehr Leistung, Wirksamkeit, Geschmack, kurzum, mehr Qualität verspreche, als von günstigen und nehme an, dass ich mit dieser subjektiven (und wahrscheinlich oft sehr falschen) Meinung nicht allein bin.
Oder sind es vielleicht doch die Rohstoffe oder die aufwendige Verarbeitung, die den Preis rechtfertigen?
Dazu muss man die Substanz „Kieselerde“ zunächst eingrenzen. Wikipedia merkt dazu an, dass der Begriff recht schwammig ist. Früher bezeichnete man alle quarzhaltigen Mineralien so, die sich zur Herstellung von Glas eigneten. Allgemein beschreibt der Begriff „Mineralien und Sedimente mit hohem Siliciumgehalt“. Aber auch Stoffe wie Kieselgur (kommt zum Beispiel in Tabletten, Pudern, Papier und Baustoffen vor und wird als Katalysator und Filter eingesetzt) werden oft als Kieselerde bezeichnet, obwohl sie nicht zu den Kieselsäuren, sondern zu den Siliciumdioxiden zählen. Letztere finden vor allem Anwendung in Lacken, Klebstoffen, als Beschichtung, in Zahnpasta und natürlich zur Herstellung von Glas. Auch der Körper benötigt geringe Mengen dieses Stoffes, jedoch kann man bei einer normalen Ernährungsweise davon ausgehen, dass er diese auch bekommt. Eine Wirksamkeit der Kieselerde in Nahrungsergänzungsmitteln konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Dafür aber etwas anderes: Ein Verbrauchermagazin des SWR ließ 2007 zehn Präparate untersuchen, die als „Kieselerde“ gekennzeichnet waren. Die Tests ergaben folgendes:
„Die Hersteller versprechen reine Natur: Kieselerde, ein Produkt aus urgeschichtlichen Meeresablagerungen. So sollen etwa die Überreste von wertvollen Meeres-Algen in den Packungen stecken. Die Messung mit einem speziellen Röntgengerät ergibt allerdings etwas anderes: Fast reiner Sand oder, wissenschaftlich ausgedrückt, Quarz. Die Untersuchung der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung findet in neun von zehn Proben kristallines Siliziumdioxid, Quarz in sieben, Cristobalit in zweien. Diese Stoffe werden auch in verschiedenen Industriebereichen genutzt, fein gemahlen gelten sie dort aber als gesundheitsschädlich. Teilweise findet sich sogar der Hinweis: `Von Nahrungsmitteln, Getränken und Futtermitteln fernhalten´.“
Die Testergebnisse brachten Diskussionen in Gang, die Kieselerdeprodukte möglicherweise aus dem Verkehr zu ziehen, da ernste gesundheitliche Folgeschäden (z.B. auch im Bereich der Nieren) nicht ausgeschlossen werden können.
Fazit: Verbraucher, das wurde hier schon an einigen Stellen (siehe Wellness-Süßigkeiten und Wellness-Wasser) deutlich, sollten/müssen ganz klar unterscheiden: Zwischen wirklichem Nutzen und Wellness-Nepp. Wo bisher noch viele Konsumenten blind den Offerten der Industrie und vor allem großen, vermeintlich „sicheren“ Marken vertrauen, muss mehr Konsumkritik geübt werden. Sicher kann man sich nicht vor allem schützen, aber der Versuch ist es, das zeigt dieses Beispiel, wert.
Und: Wer schöne Haare und Nägel haben möchte, sollte einfach auf eine bewusste und ausgewogene Ernährung achten. Das ist billiger und vor allem sicherer. 😉