Nachdem Thilo Sarrazins Skandalbuch 2010 für Diskussionen sorgte, gab es auch im Folgejahr weitere Skandalbücher, deren Aussagen allerdings nicht ganz so stark kritisiert wurden. Trotzdem sollten sie hier erwähnt werden.
Von Feuchtgebieten zu Schoßgebeten
Wer den Literaturmarkt der letzten Jahre verfolgt hat, kam nicht umhin, Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ als Skandalbuch wahrzunehmen. In 2011 erschien nun „Schoßgebete“, ihr zweiter Roman, der ebenfalls für Wirbel gesorgt hat. Das mag einerseits daran liegen, dass er mit einer sehr genau beschriebenen Sex-Szene beginnt, vielleicht aber auch daran, dass er zum Teil autobiographisch ist, also, literarisch verarbeitete Wahrheiten aus dem Leben der Autorin enthält. Erzählt werden drei Tage im Leben der Protagonistin Elisabeth Kiehl, die sich immer kontrolliert und darunter leidet, und die einzig und allein beim Sex loslassen kann. Die Meinungen der Leser gehen auseinander. Wer schon „Feuchtgebiete“ gelesen hat und mehr von der Autorin lesen möchte, oder sich aus anderen Gründen von dem Stoff angezogen fühlt, mag die Geschichte lesen und sich selber ein Urteil bilden.
Sind Mütter des Erfolges Rabenmütter?
Als wahre Rabenmutter von einigen Leserinnen und Lesern bezeichnet wurde Amy Chua. Warum? Sie ist die Autorin des Buches „Die Mutter des Erfolgs“. Darin offenbart die Harvard Absolventin und Juristin ihre Erziehungsmethoden. Für viele junge Mütter geradezu schockierend. Die Kinder von Amy Chua haben tatsächlich Erfolg. Doch zu welchem Preis? Statt Kind-zu-sein, im einzigen Alter in dem ein Mensch das wirklich kann, nämlich in der Kindheit, wird gebüffelt und gepaukt. Chuas Kinder Sophia und Louisa durften nicht bei anderen Kindern übernachten, auf Kinderfeste gehen oder in der Theater-AG mitspielen. Sie durften sich auch nicht darüber beklagen, dass sie das nicht durften. Außerdem gab es kein Fernsehen und keine Computerspiele, das Freizeitprogramm wurde strikt von der Mutter festgelegt. Die Töchter durften nur Klassenbeste sein in fast jedem Fach, ausgenommen Turnen und Theater. Sie mussten Klavier und Geige lernen. Die Leserinnen und Leser sind hier immer wieder im Zweifel, ob das Buch ernst gemeint ist oder ob es sich um eine Satire handelt. Das genau macht wohl den Reiz des Buches aus. Man muss ja nicht alles nachmachen, was dort beschrieben ist, doch zum Nachdenken anregen lassen kann man sich schon. Darüber zum Beispiel, dass Erfolg – selbst bei angeborener Begabung – ein Ergebnis von praktischem Training ist. Vergleicht man Erziehungsmethoden, die mit Kinderpsychologie oft überfrachtet sind, mit der hier vorgeschlagenen scheinbar komplett wissenschaftsfreien Methode, so liegt die Wahrheit über Lebenserfolg der Kinder und kindgerechte Erziehung wahrscheinlich in der Mitte.
Lesen bildet – Skandale auch
Erwähnenswert sind noch „Das Bio Ketzer Buch“ von Elisabeth Hewson (es geht um Bio-Nahrungs-Märchen) und der Gerichtsskandal über die Hannelore-Kohl-Biografie „Die Frau an seiner Seite“ von Heribert Schwan. Hier streiten sich Autor und Verwandte, was von dem Geschriebenen wirklich wahr sei. Welches von all den Skandalbüchern aus 2011 die Wahrheit enthält, erfahren die Leser wahrscheinlich nie, allerdings einen Überblick, darüber, was die Republik bewegt hat, den bekommen sie.
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