Ein Kunstwerk gegen den Wellness-Wahn: Am Mittwoch wird der „Wellness-Skull“ auf dem Wiener Karlsplatz eröffnet.
Der begehbare Riesenschädel des Künstlers Joep van Lieshout stellt gesellschaftliche Entwicklungen an den Pranger, indem er im Inneren ein Mini-Spa inklusive Sauna beherbergt und somit ein spektakuläres Äußeres mit Hilfe eines überraschenden Inhalts zu einer sozialkritischen Aussage verformt.
Dass dabei Wellness an sich als schlecht verdammt wird, kann ich jedoch, anders als z.B. der Wiener Kurier, aus den Ausführungen des Künstlers nicht herleiten. Auf der Homepage van Lieshouts wird der Hintergrund des Skulls so erklärt: Die vorherrschenden Machtverhältnisse sind von wirtschaftlichen Interessen durchzogen. Geld sei einer der wichtigsten Faktoren unserer Gegenwart. Glaube verliere, so die Ausführungen weiter, Stück für Stück seine ursprüngliche Bedeutung. Selbsterfahrung in Form von Reisen, Sport und Besuchen in Wellness-Centern ersetzen ihn zunehmend.
Das meint doch nun nicht, dass Wellness der Grund für den Verfall einer Gesellschaft ist, wie es die Artikel in diversen Online-Magazinen nahe legen. Was hier in erster Linie angegriffen wird, ist Kapitalismus, dessen Auswirkungen unter anderem die Religion – als Möglichkeit, sich auf spirituelle Weise zu reinigen – in gewisser Weise ersetzen, und zwar zugunsten einer Selbsterfahrung durch Wellness und Sport. Man darf darin m.E. aber nicht eine Abkehr vom Glauben an sich sehen. Die Menschen glauben: Ob nun an einen bestimmten Gott, wie sein Name auch immer sein mag, an mehrere Gottheiten oder an ein „Etwas“, an sich selbst, an ihre Familie oder an was auch immer.
Wenn ich auch sonst gern mal Wellnepp anprangere, hier kann ich der Kritik nicht zustimmen. Auch dann nicht, wenn RTL Extra den ersten Wellness-Puff Deutschlands anpreist anprangert, in dem die Männer lieber zum Friseur gehen und sich Gesichtsmasken auflegen lassen, anstatt den dort beschäftigten Damen zu einem guten Tagesverdienst zu verhelfen. (So gesehen in der Sendung vom 17.11.08)
Nein, ich falle nicht vom Glauben ab, von welchem auch immer.