Leipzig – Sechs Tage Diät halten, einen Tag genießen – bei einer Cheat Day Diät wird einmal wöchentlich geschummelt, sprich: nach Herzenslust geschlemmt. Kann man so wirklich abnehmen? Kurzfristig ja, denn: «Man kann Gewicht verlieren, wenn weniger Kalorien aufgenommen als verbraucht werden.»
Es mache keinen großen Unterschied, ob man dabei eine Tagesbilanz oder eine Wochenbilanz berechnet, sagt Lars Selig, Leiter des Ernährungsteams am Universitätsklinikum Leipzig. Wer an den übrigen sechs Tagen genügend Kalorien einspart, darf am Cheat Day theoretisch mehr essen. Vorausgesetzt er hat auf die gesamte Woche gerechnet mehr Kalorien verbraucht als aufgenommen.
Wo ist der Haken?
Der Cheat Day ist nur möglich, wenn an sechs Tagen eine sehr restriktive Diät gehalten wird. «Wir empfehlen einen Cheat Day grundsätzlich nicht, da eine sehr restriktive Ernährungsweise vor jedem Cheat Day den Heißhunger sehr groß werden lassen kann», sagt Ernährungstherapeut und Diätassistent Selig. Das mache es schwerer, eine Diät durchzuhalten. Restriktive Diäten, wie eine Cheat Day Diät, können immer den berühmten Jojo-Effekt zur Folge haben: Einmal zur gewohnten Ernährungsweise zurückgekehrt, sind die verlorenen Kilos schnell wieder auf den Hüften. Dauerhafte Gewichtsreduktion erreicht man nur mit einer grundsätzlichen Lebensstiländerung, und diese muss ein Leben lang beibehalten werden, wie Christina Holzapfel, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Kompetenznetzes Adipositas an der Technischen Universität München, sagt.
Sind Cheat Days ein mögliches Gesundheitsrisiko?
Für Menschen mit Übergewicht kann ein Cheat Day sogar gesundheitliche Folgen haben: «Wer am Cheat Day große Mengen sehr fettigen Essens isst, kann zum Beispiel eine Gallenkolik riskieren. Das sehen wir häufiger zu Weihnachten bei übergewichtigen Personen», sagt Selig. Grundsätzlich sind Diäten, bei denen es zu einer schnellen Gewichtsreduktion kommen soll, für Menschen mit gesundheitlichen Problemen ungeeignet. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Bluthochdruck oder anderen Stoffwechselproblemen, wie Margret Morlo, Diätassistentin beim Verband für Ernährung und Diätetik in Aachen (VfED), sagt. Diätabsichten sollten in dem Fall immer mit einem Arzt besprochen werden. Selig warnt zudem: «Ein Cheat Day sollte nicht als erlaubter Essanfall missbraucht werden, welcher beispielsweise als ein Zeichen einer Binge-Eating Störung verstanden werden kann.»
Was ist die bessere Alternative?
Wer durch eine ausgewogene Ernährung langsam und langfristig Gewicht verliert, der braucht auch keinen Cheat Day. Bei einer ausgewogenen Ernährung sei nichts grundsätzlich verboten, es werde lediglich durch energieärmere Varianten ersetzt, sagt Holzapfel. Auch Selig meint: «Besser ist es zu schauen, was täglich im Rahmen einer gesunden Ernährung erlaubt ist, zum Beispiel eine Handvoll Gummibärchen oder Chips.» Denn: Die sogenannte geschmackliche Sättigung stelle sich schon nach einer kleinen Menge ein. Man müsse lediglich lernen diese zu genießen. Essen sollte darüber hinaus nicht als Belohnung dienen, rät Morlo. Im Rahmen einer Ernährungsumstellung muss daher auch die Frage auftauchen: Was kann anstatt Schokolade eine alternative Belohnung sein? Woran habe ich Freude?
Kann man den Cheat Day sinnvoller gestalten?
«Ein Cheat Day sollte nie ein Tag der Völlerei sein», betont Morlo. Stattdessen ein Tag, an dem man sich mal keine Gedanken über Essen macht, vielleicht ins Restaurant geht oder sich ein Glas Wein gönnt – alles im Rahmen einer sonst ausgewogenen Ernährung. «Wenn ein Cheat Day als ein einmaliges Ereignis verstanden wird, zum Beispiel bei einer Hochzeit oder einem Geburtstag, dann kann man dies durchaus befürworten», sagt Selig. Teilhabe an gesellschaftlichen Ereignissen bringt Lebensqualität – und da gehört Essen auch mit dazu. Im Grunde liegt hier laut Holzapfel auch das Geheimnis von normalgewichtigen Menschen: Wer sich zu einem besonderen Ereignis mehr gönnt, isst am folgenden Tag entsprechend anders und bewegt sich mehr. Ausgewogenheit ist das Stichwort und deshalb alles eine Frage der Balance.
Fotocredits: Christin Klose
(dpa/tmn)